Die Allianz sucht sich neu zu positionieren

Die Allianz versucht so etwas wie sich nach den letzten knapp zwanzig Jahren neu zu erfinden. Die waren zwar turbulent, aber gewiss nicht erfolglos. Verbunden ist dies mit einem neuen Vorstandsvorsitzenden Oliver Bäte. Aber einfach wird das nicht mit der Rückkehr in die ruhige Vergangenheit.

Die Allianz versucht so etwas wie sich nach den letzten knapp zwanzig Jahren neu zu erfinden. Die waren zwar turbulent, aber gewiss nicht erfolglos. Verbunden ist dies mit einem neuen Vorstandsvorsitzenden Oliver Bäte. Aber einfach wird das nicht mit der Rückkehr in die ruhige Vergangenheit.

Erscheinungsbilder

In der Allianz-Arena spielt der erfolgreichste deutsche Fußballclub

Wenn Sie das Hauptgebäude in der Königinstrasse in München sehen, sehen sie einen fast unscheinbar wirkenden Bau aus den 50ern. Schön, nüchtern, fast schon klassisch und die Inkarnation von Understatement und Seriosität. Unter dem Englischen Garten befindet sich ein Kongresszentrum der Allianz.

In Wien oben bei der Albertina stehend, rechts die Staatsoper und in Richtung Kärntnerstrasse bzw. zur Kunstinstallation von Alfred Hrdlicka schauend, sieht man auf dem Dach ein Kunstwerk einer Weltkugel und den Namen Generali Assecurranza des anderen Titanen der Versicherungswirtschaft; gegründet im damals österreichischen Triest. Ein Bild wie geschaffen für einen amerikanischen Blockbuster.

Vielleicht noch ein Zitat aus einem Heft der Kulturzeitschrift du der nzz. Dort sagt jemand von der Generali auf den Vorwurf, sie mögen sich mehr um Triest kümmern: Aber wir kümmern uns doch schon um die ganze Welt.

Und das ist auch noch Geschichte: Auf einer der vielen Demonstration vor der Deutschen Bank vor ca. 10 Jahren und gegen sie. Zufällig vorbeikommen ließ ich mich von einer Frau mittleren Alters ansprechen. Ich arbeitete damals noch in einer sehr alt eingesessenen Tochtergesellschaft der Allianz in Wiesbaden. Ich sagte ihr, vielleicht sollte Sie auch mal gegen die Versicherer zwecks Machtfülle demonstrieren. Sie schaute mich entsetzt an, als wäre ich von einem anderen Stern.

Allianz: Ein Titan der Versicherungswirtschaft.

 

Das Spielfeld ist dort, wo die großen Jungs spielen, wie die obigen Bilder zeigen. Hier ein paar Zahlen: Gegründet 1890, Umsatz 2014 122 MDR Euro, 147.000 Mitarbeiter, weltgrößter Versicherer nach Börsenkapitalisierung und Umsatz, Bilanzsumme 806 Mrd USDollar

Die Geschichte der letzten zwei Jahrzehnte

Mitte der 90er ist die Allianz wie immer unterwegs. Der Vorstandsvorsitzende ist Henning Schulte-Noelle aus einer schlagenden Verbindung. Man ist ruhig und staats- oder gesellschaftstragend eingepasst. Man ist unter dem Begriff Deutschland AG an vielen DAX- Unternehmen beteiligt und sitzt in deren Aufsichtsräten. Trotzdem passieren seit Ende der 90iger Jahre umfangreiche Aktivitäten.

Die Allianz erwirbt die Vereinte (Kranken)versicherung; später in 2002 aufgelöst und vor allem als Allianz private Krankenversicherung umfirmiert.

Man erwirbt in 2000 über eine Tochtergesellschaft den Fondsmanager Pimco, einen der weltgrößten Anleihenfonds mit ca. 2 Billionen USD Fondsvolumen. Man kauft 2001 die Dresdner Bank. Es taucht der Begriff Allianz AllfinanzKonzern auf. Die Dresdner soll ein Vertriebsweg der Allianz werden. Bald tauchen große Verluste auf. Es gibt eine Kapitalerhöhung über 4,4 Mrd. Euro in 2003. Die Allianz geht 2000 an die New Yorker Börse, man verteilt Verhaltensregeln im Konzern. 2009 beendet man die Notierung in New York.

Die Allianz gewinnt in 2001 die Ausschreibung der Metallrente in dem großen nationalen Projekt des Umbaus der betrieblichen Altersversorgung. Die Betriebsrenten sollen nicht mehr mit Rückstellungen bzw. Vermögen von über 400 Mrd. Euro in den Unternehmen, sondern extern bei Versicherungskonzernen verwaltet und gemehrt werden.

Solvency II wird 2007 vorgestellt und auch stark befürwortet vom jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden Helmut Perlet aufs Gleis gesetzt. Solvency II gibt den Versicherern, die als AGs strukturiert sind, große Vorteile gegenüber Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit.

In 2008 verkauft man die Dresdner an die Commerzbank. Die Generali „muss“ ihren Vertriebsweg Commerzbank aufgeben; es werden ab jetzt Allianz Produkte verkauft. Gleichzeitig wird die commerzbank insolvent und muss durch Staatsgelder und Beteiligung des Staates gerettet werden. Der Allianzkonzern steigt massiv im Börsenwert.

In 2014 verlässt Bill Gross die Kapitalanlagegesellschaft Pimco, die darauf massive Mittelabflüsse erleidet.

Der Vorstandsvorsitzende Michael Diekmann

Gewählt wurde er, als Henning Schulte-Nölle 2003 zurücktrat, nicht zuletzt wegen der Verluste der Dresdner Bank. Diekmanns Karriere, sein Einstieg mit 33 Jahren bei der Allianz begann spät. Er fremdelte immer ein Stück weit mit dieser und umgekehrt, vielleicht oder vor allem, da er nicht so staatstragende auftrat. Gleichwohl wurde unter ihm die Allianz zum weltgrößten Versicherer. Bei mancher Problemlösung ist der Allianz auch der Staat beigesprungen, so bei der Umstellung der Pensionsfonds und der Rettung der Commerzbank.

Der Wechsel zum Vorstandsvorsitzenden Bäte

Seit Mai 2015 hat Oliver Bäte den Vorstandsvorsitzenden Michael Dieckmann abgelöst. Bei der letzten Aktionärsversammlung wurde auch eine ungewöhnlich hohe Rendite von 5 Euro ausgeschüttet, den Verdachts unterstützend, dass man nicht weiß, was man mit dem Geld machen soll. Auch wenn Oliver Bäte erst kurz dabei ist, so passt er trotzdem besser in die alte Allianzwelt. Bereits nach kurzer Zeit ein Bild von sich mit dem indischen Premierminister Modi zu generieren, passt eher zum Selbstverständnis der Allianz. Das dürfte auch das Ziel sein, wieder mehr die staatstragende Rolle der Allianz zu betonen und öfters Termine gemeinsam mit der Kanzlerin zu machen. Den Wachstumspfad hat man ja die letzten 15 Jahre beschritten, insofern hat man Zeit für anderes.

Aufgaben für die Zukunft

 

Auch nach dieser Rückkehr in die Vergangenheit muss die Allianz Dinge angehen, in denen sie bisher nicht erfolgreich war. Zum ersten war sie nicht erfolgreich mit einer niedrigschwelligen Low-cost-Marke. Paradebeispiel, wie man so etwas macht, wäre die Cosmos Direktversicherung der General; Multilabel, also auf verschiedenen Ebenen zu spielen, das kann die Allianz bisher nicht. Damit verbunden ist das immer wieder auftretende Problem des Vertriebs, der zu teuer ist oder in der billigeren Variante online nicht funktioniert.

Die Schwierigkeiten v.a. eines Lebensversicherers durch die niedrigen Zinsen auf Staatsanleihen muss sie natürlich auch lösen.

Wenn die Allianz also nur die hochqualitative Kernmarke „kann“, dann muss Sie neue Geschäftszweige, vielleicht sich selbst sogar neu erfinden.

Noch einmal so viel Risiko zu nehmen wie in den letzten 20 Jahren und zu hoffen, dass der Staat es mit trägt und wie bei der Dresdner Bank mittels Commerzbank den Schaden übernimmt, darauf ist nicht zu hoffen. Auch wenn neue Geschäftsfelder wie die Riesterrente oder die betriebliche Altersversorgung von staatlicher Seite generiert werden, auch das wird nicht genügen, denn dafür wäre die Wirtschaft in Deutschland alleine zu klein.

Ullrich Spreitzer

 



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