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DM und Alnatura: Streit um Konzepte und Zukunft der Biobranche

Zwei Pioniere, zwei Vorbilder und große Konzerne der ökologischen Lebensmittel- und Kosmetikbranche, Alnatura und DM liefern sich seit knapp zwei Jahren einen anwachsenden Streit. Die bisher eng verbunden agierenden Unternehmen überziehen sich mit Klagen und hartem Abbruch der Handelsbeziehungen. Die ganze Branche der ökologischen Landwirtschaft und Kosmetikindustrie erleidet dabei Schaden. Auch innovative und nachhaltige Konzepte, ein Unternehmen zu führen, wofür v.a. DM stand, werden beschädigt. Dabei wären beide Protagonisten gefragt, weil sich die Bio-Branche stark entwickelt.

Zwei Pioniere, zwei Vorbilder und große Konzerne der ökologischen Lebensmittel- und Kosmetikbranche, Alnatura und DM liefern sich seit knapp zwei Jahren einen anwachsenden Streit. Die bisher eng verbunden agierenden Unternehmen überziehen sich mit Klagen und hartem Abbruch der Handelsbeziehungen. Die ganze Branche der ökologischen Landwirtschaft und Kosmetikindustrie erleidet dabei Schaden. Auch innovative und nachhaltige Konzepte, ein Unternehmen zu führen, wofür v.a. DM stand, werden beschädigt. Dabei wären beide Protagonisten gefragt, weil sich die Bio-Branche stark entwickelt.

DM – innovative Geschäftsideen und einem Wertekanon verpflichtet

Götz Werner gründete vor 40 Jahren DM, der Name DM ist eine Abkürzung für Drogerie Markt. Innovativ war damals die Kombination von Beratung und niedrigen Preisen. DM ergänzte dies früh mit der Idee eines Beraters oder eines „pricipal-agent“ des Kunden; also jemand der dem Kunden hilft, in der Welt der Drogerieartikel die für ihn richtigen zu finden. Hinzu kam Anthroposophie – Götz Werner ist Anhänger davon - als Leitlinie des Unternehmens. Theaterkurse für die Mitarbeiter werden angeboten. Götz Werner ist einer der Vorkämpfer des bedingungslosen Grundeinkommens und in vielen Aktivitäten der Bürgergesellschaft unterwegs.

DM entwickelte sich in den vergangenen 40 Jahren kontinuierlich und ist inzwischen Europas größter Drogeriemarkt mit ca. 6 Mrd. Euro Umsatz pro Jahr.

Alnatura

Alnatura ist einer der größten Händler für Bio-Lebensmittel in Deutschland. Gegründet Mitte der 80er Jahre durch Götz Rehn und dem o.g. Götz Werner, beide sind verschwägert miteinander, war er die ersten Jahre vor allem ein Shop-im-Shop bei DM. Allmählich wurden fast alle Lebensmitteln im DM Markt Produkte von Alnatura. Die Lebensmittel stammten aus ökologischem Anbau. In den letzten 10 Jahren hat Alnatura v.a. die Zahl der eigenen Bio-Supermärkte vervielfacht. Hier ist Alnatura neben Dennree einer der beiden großen Bio-Supermarkt-Betreiber im deutschsprachigen Raum, der dritte große Anbieter Basic folgt mit einigen Abstand dahinter. Ein weiterer Keyplayer im Bereich der ökologischen Lebensmittel ist Hipp. Diesem Unternehmen gelingt es seit Jahrzehnten, am hoch lukrativen Markt der Baby- und Kleinkindnahrung selbst mit dem größten aller Lebensmittelhersteller, der Nestlé S.A., auf Augenhöhe zu konkurrieren.

Zerwürfnis zwischen DM und Alnatura

In 2014 begann DM, die Alnatura Produkte aus den Läden zu entfernen und durch Eigenmarken zu ersetzen. Alnatura hat so seinen bevorzugten Handelsweg verloren. Alnaturas Suche nach neuen Vertriebswegen hat neue Klagen durch DM hervorgerufen. DM klagt inzwischen gegen Alnatura sogar nach Rückgabe des Namens Alnatura.

Vertrieb der landwirtschaftlichen Erzeugnisse

Seit dem Anwachsen der ökologischen Landwirtschaft war Kernfrage der Landwirte und Anbauverbände, das sind vor allem Bioland, Biomarkt, Naturland, Demeter, wer den Aufkauf und den Vertrieb der landwirtschaftlichen Produkte übernimmt. Die erste Lösung war, dass wie in der konventionellen Landwirtschaft der Raiffeisenkonzern mit seinen Lagerhäusern, BayWa, Südzucker, Agrana u.a. den Vertrieb übernehmen Die marktbeherrschende Stellung dieser Genossenschaften, von der Belieferung der Landwirte bis zum aufbereiteten Rohprodukt, wurde kontrovers diskutiert. Der andere Weg war, eigene Vertriebswege aufzubauen, was dann auch vorwiegend erfolgte.

Biolebensmittel kommen in die Supermärkte

Beim Vertrieb an den Endkunden war bald klar, dass über kleine Einzelgeschäfte wie in den 70ern und 80er Jahren nur begrenzte Mengen abzusetzen waren. Dies war so lange kein Problem, als ökologische Landwirtschaft nur ein Randphänomen war.

Dies änderte sich durch den Anstieg des Anteils der ökologischen Landwirtschaft ab Mitte der 90er Jahre. Hier kamen neue Käufer und Interessierte für ökologische Lebensmittel hinzu, die nicht mehr dem engen Kreis des ökologisch linken Niveaus hinzurechnen waren. Diese Käuferschichten konnte man mit eigenen Bio-Supermärkte oder mit Bioprodukten in den üblichen Supermärkten ansprechen.

Ausweitung der ökologischen Landwirtschaft

Trotz einiger zwischenzeitlichen Dellen hat sich der Anteil an ökologischer Landwirtschaft in Europa erhöht. Nationaler Plan Deutschlands sieht als Ziel vor, 20% aller landwirtschaftlichen Flächen ökologisch zu bewirtschaften. Das Selbstverständnis ist, dass ökologischer Anbau nicht nur die qualitativ überlegene Form der Landwirtschaft ist, sondern auch alle ernährt. Der dafür geprägte Begriff „Organic 3.0“ hat als Thema, Qualität mit Quantität zu verbinden.

Um das zu erreichen, ist die Forschung für ökologische Anbaumethoden, auch wenn bereits an führenden Hochschulen wie der BoKu in Wien gelehrt, auszuweiten. Auch die bewirtschafteten Flächen müssen zunehmen. Der Wettbewerb um diese Flächen zeigt die Notwendigkeit: Die großen Flächenbesitzer wie die Kommunen und die Kirchen, die Verpächter sind, zu überzeugen, an ökologisch wirtschaftende Landwirte zu verpachten.

DM, Alnatura und die Zukunft des Handels von ökologischen Produkten

Alnatura hat seit dem Wegfall des Vertriebsweges über die DM-Märkte, den Verkauf in Edeka-Märkten und Online-Handel gestartet. Letzterer ist mit den Verbesserungen der Logistik und der Schnelligkeit der Zustellung ein vielversprechender Weg zum Kunden.

Bei Vertrieb im Edeka-Markt u.a. ist für den Kunden die Frage zu beantworten, warum ein Bioprodukt im fremden und nicht im eigenen Supermarkt angeboten wird. Kostenvorteile, also dass die Produkte dort billiger angeboten werden, sind nicht erkennbar. Für Bioprodukte im „fremden“ Supermarkt spricht nur, dass sich andere Kunden ansprechen lassen, die sonst nicht in den Bio-Supermarkt gehen. Der Anteil dürfte aber gering sein.

Selbstverständnis und neue Ideen

Entscheidend ist auch hier die Frage des Selbstverständnisses der Bio-Branche. Ist es die eines Komplettversorgers oder die eines Nischenprodukts. Die Entscheidung für ersteres ist in der Biobranche mit Begriffen wie Organic 3.0 gefallen. Statt des konzeptionellen Rückschritts durch Vertrieb im fremden Supermarkt sollte ein Keyplayer wie Alnatura etwas Innovativeres und Neueres machen. Götz Werner konnte mit seiner Idee der DM vor 40 Jahren ein Beispiel geben. Auf heute übertragen wären FoodCoop und neue Wege des Erwerbs und der Bereitstellung von Flächen für die ökologische Landwirtschaft angezeigt.



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