Ort der Kaiserwahl, Dom-Frankfurt

Die Kirchensteuer ist keine Steuer

Die Kirchensteuer wird von der Mehrheit der Deutschen abgelehnt. Zu diesem Ergebnis kam eine Umfrage der Bildzeitung. 65 Prozent der Befragte votierten gegen die Kirchensteuer, unabhängig von der Konfession. Doch die Frage der Kirchensteuer betrifft nicht nur einzelne Zahlungen, sondern berührt das Staat-Kirche-Verhältnis und damit die komplexen Verflechtungen der beiden Gewalten im modernen Deutschland.

Die Kirchensteuer wird von der Mehrheit der Deutschen abgelehnt. Zu diesem Ergebnis kam eine Umfrage der Bildzeitung. 65 Prozent der Befragte votierten gegen die Kirchensteuer, unabhängig von der Konfession. Doch die Frage der Kirchensteuer betrifft nicht nur einzelne Zahlungen, sondern berührt das Staat-Kirche-Verhältnis und damit die komplexen Verflechtungen der beiden Gewalten im modernen Deutschland.

Im Domzu Frankfurt wurde als letzer Kaiser Franz II. von Habsburg 1792 gewählt.

Die Kirchensteuer ist keine Steuer

Die wichtigste Einnahmequelle der beiden Großkirchen ist die sogenannteKirchensteuer. Dabei handelt es sich aber entgegen dem Namen nur um eine Mitgliederabgabe. Denn die Höhe der Abgabe wird weder durch eine Regierung oder ein Parlament festgelegt, noch gilt die Abgabe für alle. Der Staat ist lediglich auf zwei Weisen mit der Kirchensteuer verbunden.

1. Der Staat hat den beiden Kirchen das Recht zugestanden hat, eine bindende Mitgliederabgabe automatisch

einzuziehen. Dieses Privileg kommt den Kirchen als Körperschaft des Öffentlichen Rechts zu.

2. Das Finanzamt zieht die Kirchensteuer für die Kirchen ein, wird für den Mehraufwand allerdings auch entschädigt.

Allerdings hat die Kirchensteuer doch etwas mit dem Staat zu tun. Denn nach der Enteignung der des kirchlichen Grundbesitzes 1803 durch die von Napoleon eingesetzten Regierungen übernahmen die Staaten die Finanzierung des Klerus und der kirchlichen Einrichtungen. Belgien erhalten die Priester heute noch ihr Gehalt vom Staat. Mit dem Bevölkerungswachstum im 19. Jahrhundert schienen den Staaten die Lasten für die den Unterhalt der Kirchen zu hoch. Der erste deutsche Staat, der die Kirchensteuer einführte, war 1827 das Fürstentum Lippe-Detmold. Da die Kirchensteuer mit der Einkommens- bzw. der Lohnsteuer verbunden ist, hat sich der Einzug über das Finanzamt in der frühen Bundesrepublik als praktikabelstes Verfahren durchgesetzt und beruht auf Abmachungen der Bistümer mit den jeweiligen Landesregierungen.

Staatsleistungen für Enteignungen

Weitere Mittel fließen der Kirche direkt als Staatsleistungen zu. Diese hängen mit der Enteignung der Kirchengüter zu Beginn des 19. Jahrhunderts zusammen. Die Enteignung der Kirchen war damals mit den Bedingungen verbunden, den Kirchen ausreichend Güter zur Verfügung zu stellen, um ihren religiösen Aufgaben nachzukommen. Die Staaten fanden sich aber nie bereit, diese Mittel an die Kirchen zu übergeben. Daher kamen sie jeweils für einen Teil der laufenden Kosten auf. Unter anderem bezuschussten sie die Gehälter der Priester und Bischöfe. Eine Ablöse ist zwar nach wie vor vorgesehen. Auch haben die Kirchen die Bereitschaft hierfür signalisiert. Es fehlt aber bisher der politische Wille hierfür. Denn in der politischen Logik ist es einfacher, über Generationen mehr zu zahlen als in einem kurzen Zeitraum eine größere Summe aufzubringen. Durch die hohe Rechtskontinuität in Deutschland führt das dazu, dass die Länder als Nachfolger der Staaten der Säkularisation und des Wiener Kongresses bis heute verpflichtet sind, Zahlungen zu leisten, die für die meisten Bürger nicht mehr verständlich sind.

Subventionen für viele

Neben diesen rechtlich garantierten Staatsleistungen gibt es die Subventionen, welche die Kirchen erhalten. Die Frage vieler Atheisten, warum sie als Steuerzahler die Kirche mitfinanzieren sollten, bleibt daher berechtigt. Sie ist jedoch einzuordnen in einen weiteren Kontext. Denn nicht nur die Kirche profitiert von den Subventionen des Staates. Das trifft auf viele, sogar auf die meisten gesellschaftlichen Organisationen zu. Gleich ob Sportler, Elektroautos oder Landwirte, alle erhalten Subventionen durch den Staat. Man kann sich in Bezug auf die Subventionen auf zwei verschiedene Standpunkte stellen. Man kann erstens gewissen Partikularinteressen den Charakter von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben zubilligen, denen die Gemeinschaft dann auch Unterstützung leistet. Oder man schafft alleSubventionen ab und der Staat konzentriert sich auf jene Aufgaben, die alle Bürger betreffen. Das wäre das US-amerikanische Modell, das mit einer höheren Bereitschaft einhergehen muss, durch Spenden Institutionen, die nicht gewinnorientiert arbeiten, zu finanzieren.

<emphasize>Maximilian Röll</emphasize>



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