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Gegengelesen: Richtig so!

(explizit.net) Gegengelesen-Kolumne

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Mal wieder einer, der in den Knast muss. Thomas Middelhoff erwies sich nun doch als zu selbstsicher und darf drei Jahre bei Wasser und Brot darüber nachdenken, wie ein Mensch auch ohne Macht zufrieden leben kann. Momentan fühlt er sich noch unschuldig und in seiner Ehre verletzt, er hat doch nur getan, was getan werden musste. Er war Helfer in der Not. Bei einer solchen Aufgabe muss man schnell sein. Und weil Herr Middelhoff oft im Stau am Kamener Kreuz stand, sah er dort das Kunstdenkmal auf dem kleinen Hügel: Ein Hubschrauber. Er dachte, keine schlechte Idee, also flog er fortan von Bielefeld nach Essen mit dem Hubschrauber. Warum früher aufstehen, wenn man den Stau überfliegen kann. So wurde Herr Middelhoff ein großer Überflieger.

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Mal wieder einer, der in den Knast muss. Thomas Middelhoff erwies sich nun doch als zu selbstsicher und darf drei Jahre bei Wasser und Brot darüber nachdenken, wie ein Mensch auch ohne Macht zufrieden leben kann. Momentan fühlt er sich noch unschuldig und in seiner Ehre verletzt, er hat doch nur getan, was getan werden musste. Er war Helfer in der Not. Bei einer solchen Aufgabe muss man schnell sein. Und weil Herr Middelhoff oft im Stau am Kamener Kreuz stand, sah er dort das Kunstdenkmal auf dem kleinen Hügel: Ein Hubschrauber. Er dachte, keine schlechte Idee, also flog er fortan von Bielefeld nach Essen mit dem Hubschrauber. Warum früher aufstehen, wenn man den Stau überfliegen kann. So wurde Herr Middelhoff ein großer Überflieger.

Aus den drei Jahren Haft wird wahrscheinlich nur eine Woche werden, wenn klar ist, wie seine Vermögensverhältnisse sind. Dann knöpft man ihm eine Kaution ab und er kann weiter fliegen. Denn Herr Middelhoff ist ein Vorzeigemanager, hat eine Bilderbuchkarriere gemacht und wird nun für einen Schaden von läppischen 500.000 Euro zur Rechenschaft gezogen. Das sind doch Summen, die für den kleinen Mann auf der Straße riesig sind, für erfolgsverwöhnte Ehrenmänner ist das ein Auto in der Garage weniger. Das fällt gar nicht auf, zumal, wenn man sowieso den Hubschrauberplatz im Garten hat. Apropos Ehrenmann, der Richter in Essen, hat da seine Zweifel. Ehre und Ehrlichkeit sind schon wortverwandt. Wer vor Gericht den Eindruck vermissen lässt, ehrlich zu sein, der verliert auch seinen Anspruch, als ehrenwert zu gelten.

Der Club der Manager

Der Vorstandsvorsitzende des „Deutschen Managerverbandes“ Falk Al-Omary erklärte schnell, Middelhoff sei ein Einzelfall, ihm sei die Macht zu Kopfe gestiegen. Und auch der Vorstandsvorsitzende des Verbandes „Die Führungskräfte“ Ulrich Goldschmidt schwadroniert herum, es gäbe nun einmal überall schwarze Schafe, die meisten Manager leisteten eine ausgezeichnete Arbeit. Und was wäre Deutschland ohne seine Manager? Die Antwort ist klar. Deutschland wäre ohne diese Manager ehrlicher und eine gerechtere Gesellschaft. Natürlich soll nicht jeder verdammt werden, der seine Arbeit in den Führungsetagen fleißig und verantwortungsvoll erfüllt, doch der Fall Middelhoff zeigt wieder einmal, dass das System korrupt und unmenschlich ist. Da hilft es nicht, einen Middelhoff oder Zumwinkel zum schwarzen Schaf zu machen oder auf solche Galionsfiguren zu schimpfen. An die Wurzeln des Übels, das ist der Punkt.

Netzwerke

Was der sich für unschuldig haltende Bürger soziale Netzwerke nennt und seine Zeit bei Facebook damit vertut, das machen die Großen viel überzeugender. Was früher Sumpf genannt wurde, heißt heute networking. Wer etwas werden oder sein will, muss die richtigen Freunde haben. Und wenn man einen Carsten Maschmeyer kennt, dann kann sich das auszahlen. Der kannte Gerhard Schröder, und der wiederum hat dafür gesorgt, dass Rürup und Riester zum Inbegriff der privaten Altersvorsorge wurden. Profitiert hat von diesen Versicherungsmodellen Herr Maschmeyer. Es wurden Verträge geschrieben, dass sich die Konten füllten. Davon hat dann Herr Maschmeyer zwei Millionen Euro genommen, um Gerhard Schröder die Urheberrechte für die aufgehübschten Memoiren abzukaufen. Und auch der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff machte Werbung für Maschmeyer, der revanchierte sich dann, indem er ein neues Haus für Wulff und Familie suchte. Ach ja, und Rürup arbeitete als Chefökonom für Maschmeyer, die beiden gründeten sogar eine gemeinsame Firma. Für diese Firma arbeitete auch der alte Gewerkschaftler Walter Riester.

Wie die da oben, so die da unten

Das Modell Maschmeyer spielt zwar in der Welt der Reichen und Schönen, doch zeigt es den Traum auch derer da unten. Die wollen ebenso durch Kontakte mit irgendwelchen Wichtigen an das große Geld kommen. Je mehr das gelingt, desto weniger zählt die Ehrlichkeit. Es wird gelogen, die Biografie wird kunstvoll ergänzt, über Geld redet man nicht und wenn jemand seinen Arbeitsplatz verliert, weil er nicht so gute Kontakte hat, dann ist das eben so. Middelhoff, Maschmeyer und andere Konsorten bieten eine herrliche Projektionsfläche, das sind die Ausbeuter und Bösen, die sind die Schlimmen, ich bin ja nur ein kleiner Fisch. Und auch, wenn das stimmen mag, weil ich mich über solche Fälle aufrege, ändert sich noch gar nichts.

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<emphasize>Kommentar von Thomas Holtbernd</emphasize>



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